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Erinnerungen an das Deutsch- Amerikanische Volksfest

von Günter Scheuerer

Einladung des Darby-Sentinel  um Deutsch-Amerikanischen Freundschaftsfest 1988

Einladung des Darby-Sentinel zum Deutsch-Amerikanischen Freundschaftsfest 1988;  Aus der Sammlung von Bernd Jesussek.

Da ich in den 1980er Jahren am äußersten Rand der Fürther Südstadt aufgewachsen bin, sind mir die bis 1995 hier stationierten US-Amerikaner noch bestens in Erinnerung. Panzerkolonnen auf der Schwabacher Straße, Soldaten-Laufgruppen auf den Höfener Feldern, der süße Waschmittelduft in der Kalbsiedlung, der frei zugängliche Eisautomat in der PX oder die Big-Wheel-Dreiräder der US-Kinder – dies alles ist unauslöschlich in mein Gedächtnis eingebrannt.
Amerikanische Pfadfinder beim hissen der US-Fahne zur Eröffnung des "Western Jamboree", einer frühen Form des DAV
Knut Meyer/Kolorierung: Arthur Mehrlich; Amerikanische Pfadfinder beim hissen der US-Fahne zur Eröffnung des „Western Jamboree“, einer frühen Form des DAV

Ein Ereignis sticht dabei jedoch besonders hervor: das Deutsch-Amerikanische Volksfest (DAV) – oder in Kurzform: „die Ami-Kärwa“. Keine Frage, die Fürther Kirchweih war und ist die unbestrittene Königin, aber das DAV war eben so ganz anders und wegen seines besonderen Flairs bei uns Kindern immer hoch im Kurs.
Das mehrtägige Fest, das auch als Deutsch-Amerikanisches Freundschaftsfest bezeichnet wurde, fand im Frühling oder auch im Sommer statt und sollte der Völkerverständigung dienen. Abgehalten wurde es zu Beginn auf einem freien Platz an der Schwabacher Straße gegenüber dem Lohnert-Sportplatz. Später dann in der Regel auf dem High-School-Sportfeld an der Fronmüller-/ Ecke Magazinstraße und zuletzt auf dem Gelände der William-O.-Darby Kaserne. Der Zugang war hier in der Nähe der Wäscherei und erfolgte durch ein Tor und über einen Bretterweg über zwei parallel zur Fronmüller­straße verlaufende Bahngleise.

Aufgeboten wurden Spezialitäten der amerikanischen Küche, die im damaligen Fürther Alltag so gut wie nicht vorkamen: Hamburger, Hot Dogs, Spareribs mit Barbecue-Sauce, gekochte Maiskolben – mit Butter bestrichen und gesalzen, Nachos mit geschmolzenem Cheddar-Käse-Dip, oder die göttliche amerikanische Neapolitan-Ice-Cream. Gut, Fürst-Pückler-Eis gab es in Fürth auch zu kaufen, aber an den Geschmack der amerikanischen Variante kam es nie heran – bis heute! Folglich wurde dieses heißbegehrte Produkt, direkt vom Kühllaster herunter, zum Preis von zwei Mark pro Schachtel reichlich gekauft und zu Hause gebunkert. Auch die Fürther Nachrichten ließen es sich nicht nehmen, bei jeglicher Bericht­erstattung über das Deutsch-Amerikanische Volksfest extra auf das Eis hinzuweisen. Die Rangfolge beim Geschmack war indes klar: Schoko – Erdbeer – Vanille. Schoko wurde, leicht angetaut, zu einer kaugummiartigen Masse und in Erdbeer waren gefrorene Fruchtstückchen enthalten. Übrig blieb oft die eher langweilige Vanille in der Mitte.

Auch bei den Ständen gab es neben Bekanntem wie Autoscooter oder Schieß- und Spickerbuden doch einige Abweichungen zu den heimischen Kärwas: Ein grünes, dunkles Militärzelt, in dem Bingo gespielt wurde oder ein runder Wasserbottich, der „Dunking Booth“, mit Planke und Zielvorrichtung, bei dem man mit einem Baseball einen „Freiwilligen“ ins Wasser befördern konnte. Manchmal stellte sich sogar ein Offizier der US Army dafür zur Verfügung. Im festlich geschmückten Bierzelt wurde neben der klassischen Blasmusik auch Country-, Western-, Rock-, Dixie-, Jazz-, Soul- und Militärmusik dargeboten und es traten Square-Dance-Gruppen auf.
Besonders interessiert waren wir an den Münzschieber-Automaten. Das war ein Glücksspiel, bei dem über eine Schiene ein zuvor gekaufter Jeton auf eine drehende (oder sich hin und her bewegende) Platte gelenkt werden konnte. Dadurch sollten andere Jetons, die bereits auf der Platte lagen, über den Rand geschoben und so ein Gewinn erzielt werden. Das funktionierte naturgemäß nicht besonders gut, also halfen wir nach: wenn die Aufsichtsperson abgelenkt war, schlugen wir mit der Faust gegen die Bude und brachten so hin und wieder eine Münze zu Fall. Natürlich war das gegen die Regeln und wir bekamen Ärger.

Brigadegeneral George Patton
Brigadegeneral George Patton, Sohn des bekannten gleichnamigen US-Generals, nach missglücktem Bieranstich 1975 Foto: Knut Meyer Kolorierung: Arthur Mehrlich

Für Gaudi unter den Jugendlichen sorgte auch ein auffällig gestalteter Kraftmesser-Automat: „Mr.
Muscle“, ein übertrieben modellierter Kraftprotz mit großer Narbe und Schmalzlocke, flankiert von zwei ebenso überzeichneten, weiblichen Schönheiten, reckte seinen Arm dem Mutigen zum Armdrücken entgegen. Nach Einwurf einer Münze machte der Automatikarm, der wohl mal ein Bein hätte werden sollen, gnadenlos einen Rivalen nach dem anderen nieder und verspottete sein Gegenüber auch noch („You’re a Loser“).
Mit dem Abzug der US-Amerikaner endete leider auch diese schöne Festtradition in Fürth. Das letzte DAV fand um 1993 statt. Ab 1997 sollte die Tradition des DAV durch ein neu eta­bliertes Frühlingsfest auf einem Platz zwischen Wald- und Fronmüllerstraße wiederbelebt werden. Es hatte aber aufgrund der hohen Bautätigkeit in diesem Viertel nur wenige Jahre Bestand und fand 2004 zum letzten Mal statt.
2018 wagten einige Schausteller eine Neuauflage des Frühlingsfestes mit anderer Ausrichtung unter dem Namen „Schlemmen im Park“. Der gewählte Standort am Rand des Südstadtparks an der Fronmüllerstraße war, wie zur Erinnerung an alte Zeiten, der gleiche wie der des längst vergangenen DAV.
In anderen Orten gibt es das beliebte DAV noch, am nächsten liegen Grafenwöhr und Hohenfels – ein Besuch steht fest auf meiner To-do-Liste.

Zum Thema 
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