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Er war nie im Rampenlicht – und doch für viele das Herz von Fürth und damit auch der Kärwa: Unser Färdderla. Als stille Kultfigur auf Social Media hat er das Fürther Lebensgefühl auf seine ganz eigene Art festgehalten – fränkisch, herzlich, echt.

Seine allererste Geschichte, die er 2017 für die Kärwazeitung geschrieben hat, ist inzwischen selbst ein kleines Stück Fürther Kulturgeschichte. Aus aktuellem Anlass veröffentlichen wir sie hier nochmal vollständig – als Erinnerung an unseren Freund Fritz, der im Januar 2025 völlig überraschend verstorben ist.

Fritz wollte nie groß im Vordergrund stehen. Aber in diesem Text steckt alles, was ihn ausgemacht hat: Liebe zur Kärwa, ein gutes Auge für echte Typen und diese ganz spezielle Mischung aus Schmarrn und Sentimentalität.

Danke, Fritz. Für alles.

Färdderla Nachruf

Der Blöde auf der Sechs

Viele alte Kärwa-Buden gibt es heute nicht mehr. Ausgemustert, weil sie eben nicht mehr in die moderneren Zeiten passten. An eine dieser ganz besonderen Attraktionen erinnere ich mich immer wieder gerne: Melchiors Pistolenschiessen.

Die Älteren werden sich an diese außergewöhnliche Schießbude von meinem Freund Heinz Melchior erinnern. Seit ich denken kann, stand die Bude vor der katholischen Kirche Unsere Liebe Frau in der Königstraße. Achteckig, komplett aus Holz, stand das Pistolenschiessen zur Hälfte auf dem Gehsteig, zur anderen Hälfte auf der Straße. Achteckig deshalb, weil ja auch 8 Luftdruckpistolen fest montiert waren.

In der Mitte: die Zielscheiben – ebenfalls 8 Stück und drehbar. Jede Pistole und jede Zielscheibe waren mit Nummern versehen, so dass jede Pistole eine eigene Zielscheibe hatte. Geschossen wurde mit Federbolzen, die in den speziellen hölzernen Zielscheiben stecken blieben. Auf den Zielscheiben waren senkrechte schwarze Striche von 1–11 nummeriert und ein roter senkrechter Strich, die Zwölf.

Geschossen wurde im Idealfall, wenn 8 Schützen gegeneinander antraten. Das heißt, die Pistolen wurden vom Heinz und seinem Helfer (eine ganze Kärwa lang war das ich!) geladen, das Geld – erst 10, später dann 20 Pfennige pro Schuss – eingesammelt, und dann konnte es losgehen. Heinz drehte die 8 Zielscheiben in der Mitte der Bude an und rief: „Obacht gehm, bidde!“ Dann verzögerte er die Drehung der Scheiben, indem er mit der Hand das Rondell abbremste. Nun wartete jeder Schütze darauf, bis die Nummer seiner Scheibe vor dem Lauf seiner Pistole erschien. Zeitgleich geschah das bei allen Schützen.

Ziel war es, so nahe wie möglich oder genau auf die rote Linie zu schießen – bloß nicht links daneben! Nachdem alle gefeuert hatten, kontrollierte Heinz Melchior mit geübtem Blick, wer am besten geschossen hatte. Waren zwei oder mehrere Schützen gleich gut, gab es ein kostenloses Stechen und die Betreffenden durften nochmals schießen.

Für den Sieger der Runde gab es einen Gewinncoupon für einen Kleingewinn, der gesammelt werden konnte. In der Regel wurden die Gewinne in kürzester Zeit in Apfelkorn umgewandelt. Lustig wurde es auch, wenn ein ungeübter Schütze dabei war, der den Schuss auf seine Zielscheibe „verschlafen“ hatte. Ich habe heute noch Heinz Melchiors Stimme im Ohr, wenn er mit dübbisch fränkischer Freundlichkeit aufgefordert hat: „So, und nun noch der Blöde auf der Sechs!“

Das Pistolenschiessen war keine Bude, an der man schnell mal geschossen hat – dort hat man ganze Abende verbracht. Die Gewinne waren völlig zweitrangig, es ging um den gemeinsamen Spaß. Aber vielleicht war das irgendwann dann mal nicht mehr zeitgemäß und deshalb gibt es auch dieses Traditionsgeschäft heute nicht mehr.

Mein Freund Heinz lebt leider nicht mehr und ich vermisse ihn und das Pistolenschiessen.

Färdderla

Sein Eintrag in FürthWiki

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