0911 97917299 info@kaerwazeitung.de

„Uns betrifft es ja ganz schlimm“

Interview mit der Schaustellerin Frau Kreis Jahrgang 1936

Unser Kärwazeitungsreporter Frank Drechsler hat für die Fürther Kärwazeitung ein Interview mit Frau Kreis geführt. Frau Kreis ist Jahrgang 1936. In dem Interview berichtet sie, wie sie früher die Fürther Kirchweih erlebt hat bis hin zur heutigen Situation der Schausteller in der Corona-Pandemie.

In dem YouTube-Video könnt ihr in den Einstellungen, die Untertitel auf Deutsch oder im fränkischen Original mitlesen. Leider ist YouTube nicht so fortschrittlich und kennt kein „Fränkisch“. Der fränkische Untertitel hat die Bezeichnung „Cherokee“.

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

„“Gespräch Frank Drechsler – Frau Kreis

ÜBERARBEITETE FASSUNG

Zur fränkischen Fassung

Frau Kreis: Kreis?

Frank Drechsler: Hallo Frau Kreis, hier ist der Frank Drechsler. Ich arbeite in Fürth bei der Kärwazeitung. Ihre Tochter Petra hat mir vor längerer Zeit Ihre Telefonnummer gegeben und hat gesagt, ich dürfte Sie anrufen und ein paar Fragen stellen… Hätten Sie fünf Minuten Zeit, dass ich Ihnen ein paar Fragen zur Kärwa stelle bzw. zu Ihren Sachen wie Schützenhaus Hubertus und so – wie es als Kind und in der Jugend war. Hätten Sie da ein paar Minuten?

Frau Kreis: Ja, hab ich schon. Ich mach mal meinen Fernseher etwas leiser, sonst versteh ich nichts. (…) Jetzt!

Frank Drechsler: Als Sie Kind waren, was gab es denn da, was Sie selber gerne gemacht haben auf der Kärwa? Haben Sie da noch was in Erinnerung?

Frau Kreis: Ich muss Ihnen sagen: als Kind bis zur 4. Schulklasse war ja Krieg…

Frank Drechsler: Okay, ja…

Frau Kreis: …und dann sind meine Eltern – meine Eltern hatten ja ein Karussell und davon sind aber zwei Drittel verbrannt im Krieg – dann sind meine Eltern das erste oder zwei Jahre mit einer Bude rausgefahren, mit Ringwerfen. Weil da nach dem Krieg hat man nicht mal schießen dürfen.

Frank Drechsler: Ja, das konnte wahrscheinlich keiner mehr hören, die Geräusche.

Frau Kreis: Da gab’s keine Gewehre, also die hat man abgeben müssen. Naja, und dann hat mein Vater sein Karussell wieder aufgebaut. In der Zwischenzeit bin ich ja aus der Schule gekommen und dann war ich bei den Eltern dabei im Geschäft. Und was da so angefallen ist, musste man als Mädchen genauso machen wie als Bub.

Frank Drechsler: Ja, ja. Ihre Tochter hat gesagt, sie sind Jahrgang sechsunddreißig. Dann waren Sie quasi nach dem Krieg so zehn, elf?

Frau Kreis: Naja, sag ich ja.

Frank Drechsler: Da war dann nicht mehr viel mit eigenen Vergnügen, da hat man mitarbeiten müssen quasi?

Frau Kreis: Na, da hieß es dann: so, du machst dies und das. Da hat man helfen müssen, ja.

Ich muss aber dazu sagen, die Schulzeit waren mein Bruder und ich daheim bei den Großeltern. Wir hatten das Glück, dass unsere Großeltern da nicht mehr gereist sind, vom Alter her. Die hatten vor dem Krieg, also als der Krieg dann ausgebrochen ist, eingestellt und sind dann nicht mehr rausgefahren nach dem Krieg. Die Großeltern hatten dann uns und dann sind wir daheim in die Schule gegangen. Auf der Reise mussten wir nicht in die Schule gehen.

Frank Drechsler: Okay, ja… Bei ihren Anfängen, so in den Vierzigerjahren, was gab es denn da an herausragenden Ständen, was es jetzt heute gar nicht mehr gibt?

Frau Kreis: Also, da wüsste ich jetzt eigentlich gar nicht, was es da gegeben hat…

Frank Drechsler: Ich hab gedacht, irgendwas Besonderes, wovon Sie sagen, dass…

Frau Kreis: So gleich nach dem Krieg…

Frank Drechsler: …waren es wahrscheinlich eher einfachere Anfänge, wo man jetzt gar nicht… Gab es schon ein Riesenrad nach dem Krieg dann?

Frau Kreis: Ja, ein Riesenrad – das waren ja die aus Fürth – die Michel, jetzt Drliczek, die sind ja auch Fürther! Die waren genauso da wie… in Fürth waren viele Schausteller. Das sind ja jetzt auch noch viele Schausteller!

Frank Drechsler: Ja, die Drliczeks sind ja auch immer noch in der Gegend, genau.

Frau Kreis: Naja, die Frau Drliczek, die Senior-Chefin, also meine Generation, die ist ja eine geborene Michel, und die hatten des Riesenrad. Also, die hat halt geheiratet und wenn man heiratet, hat man einen anderen Namen… (lacht)

Frank Drechsler: Da haben Sie recht, ja. (lacht)

Frau Kreis: Oder man kann den Mädchennamen behalten, das ist das nächste, das ist anders…

Frank Drechsler: Naja, das ist eher ein bisschen modern, das macht man vielleicht heutzutage – da gibt es dann Ehepaare, die unterschiedliche Nachnamen haben.

Frau Kreis: Ja, das ist zum Teil auch geschäftsbedingt! Schauen Sie, meine Tochter, die Petra, hat ja auch unseren, also ihren Mädchennamen mit behalten. Die heißt Kreis-Hoffmann.

Frank Drechsler: Ja, die heißt Kreis-Hoffmann, die hat quasi Euren Namen und den vom Mann.

Frau Kreis: Genau, weil an den ganzen Plätzen, wo wir daheim sind, wo sie schon als Mädchen mit dabei war, war sie ja unter Kreis bekannt.

Frank Drechsler: Dann ist es natürlich sinnvoll, wenn man den Namen behält.

Frau Kreis: Ja also, das ist halt so.

Frank Drechsler: Ja, ja…

Frau Kreis: Ist ja heute alles möglich.

Frank Drechsler: Heute geht alles, ja. Dann haben Sie quasi nahtlos nach der Schule angefangen zu arbeiten?

Frau Kreis: Ich war im elterlichen Geschäft dabei. Der Vater hat mich beschäftigt, ich war genauso angemeldet wie ein Arbeiter…

 Frank Drechsler: Und wann haben Sie ungefähr aufgehört?

Frau Kreis: Ich hab aufgehört, warten Sie mal… Ganz aufgehört… hm, hm,… fünfundsechzig war ich alt. Ja…

Frank Drechsler: Reicht ja dann auch irgendwann.

Frau Kreis: Naja, also wie gesagt, aufgehört in Anführungszeichen, weil mein Mann und ich haben dann bei der Tochter schon ein bisschen mitgeholfen. Wenn’s gebrannt hat, wenn sie uns gebraucht haben, waren wir schon da.

Frank Drechsler: (lacht) Da haben sie dann auch gewusst, an wen man sich wenden muss, wenn’s brennt, oder?

Frau Kreis: Naja, es ist so – in der Familie hilft man halt zusammen.

Frank Drechler: Ja… Waren Sie dann am Ammerndorfer oder eher Schützenhaus oder haben Sie alles gemacht?

Frau Kreis Tochter Petra Kreis-Hofmann meint zu diesen Absatz folgendes : Meine Familie ist seit 1966 mit dem „Schützenhaus Hubertus“ auf der Kärwa vertreten und außerdem gibt es heute den sogenannten „Ammerndorfer Stand“, wo unter anderem das Bier der gleichnamigen Brauerei ausgeschenkt wird. 

Frau Kreis: Na ich war überall. Die letzten Jahre habe ich dann für die Belegschaft daheim in der Wohnung gekocht und hab das Essen zur Kärwa reingefahren. Es war ja kein Wohnwagen drinnen, keine Möglichkeit, beziehungsweise der Wohnwagen so weit weg, dass es ja unmöglich ist, dass man im Wohnwagen ißt und macht. Na, dann hab ich halt bis… fünf Jahre das Essen daheim gekocht und reingefahren und dann hab ich mich hingestellt an der Friedrichstraße am Eck und hab gesagt “Essen ist da!”. Dann haben sie meine Essenskörbe geholt. (lacht)

Frank Drechsler: (lacht) Sehr schön, ja.

Frau Kreis: Naja, was wollen Sie denn machen? Aber mittlerweile, wenn man… Ich kann nicht mehr, ich werde jetzt vierundachtzig, das schaff ich nicht mehr.

Frank Drechsler: Da haben Sie recht. Aber gehen Sie so privat schon nochmal einen Sprung auf die Kärwa oder ist es Ihnen auch zu anstrengend?

Frau Kreis: Ja, einmal oder zweimal muss ich schon rein. Heuer ist es natürlich bescheiden, heuer gibt’s keine.

Frank Drechsler: Ja. Das ist sehr schade! Also, wir machen jetzt für unsere Kärwazeitung auch bloß eine kleine Notausgabe quasi, die wir dann in der Stadt verteilen, in den Läden und der Gastronomie und so. Weil wir gesagt haben, vielleicht kann man den Leuten trotzdem ein bisschen Geschichten mit an die Hand geben, damit es nicht gar so traurig ist…

Frau Kreis: Es ist schon wirklich… Weil, man versteht es ja gar nicht. Manchmal verstehe ich das ganze nicht. Vorsicht ist recht, alles ist recht. Aber wir haben ja fast keine Fälle mehr.

Frank Drechsler: Ja, eben. Was halt für die Menschen so schwer zu verstehen ist: dass es so unterschiedlich gehandhabt wird.

Frau Kreis: Ja, das kommt noch dazu.

Frank Drechsler: Manche Sachen dürfen gemacht werden und manche nicht, und dann denkt man sich: wo ist denn jetzt da der Unterschied? Was soll denn das?

Frau Kreis: Ja, das ist das nächste. Und die einzelnen Bundesländer sind auch nochmal unterschiedlich.

Frank Drechsler: Ja, das ist schon ein großes Wirrwarr. Ich hoffe, dass sich das alles wieder ein bisschen glättet und bessern wird.

Frau Kreis: Ja, das muss besser werden, sonst bricht die ganze Wirtschaft zusammen. Uns betrifft es ja ganz schlimm, weil wir ja wirklich seit Weihnachten, seit dem Heiligen Abend, keine Einnahmen mehr haben.

Frank Drechsler: Ja, war ja alles zu, ja… Alles abgesagt…

Frau Kreis: Alles abgesagt – und die Fürther Kärwa ist auch abgesagt. Hoffentlich gibt’s noch einen Weihnachtsmarkt, das weiß man ja auch nicht.

Frank Drechsler: Ja, das wäre noch ein bisschen eine Rettung oder ein bisschen ein Lichtblick, wenn es wenigstens Weihnachtsmärkte geben würde, ne?

Frau Kreis: Naja, aber das weiß man ja auch nicht. Das ist ja auch alles noch offen. Schauen Sie, ich verstehe das vom Oktoberfest. Das ist eine ganz andere Dimension. Da kommen ja die Leute vom ganzen Ausl…, also von überall her, von der ganzen Welt. Das ist in Fürth ja nicht der Fall.

Frank Drechsler: Nein, da ist in München schon mit möglichen Infektionen das Risiko viel größer als bei uns.

Frau Kreis: Na, das sind ja ganz andere Dimensionen, die da zusammenkommen. Und vor allen Dingen, die hätten ja jetzt schon anfangen müssen für den Aufbau.

Frank Drechsler: Jaja. Ja, das is ja viel größer.

Frau Kreis: Ne? Man kann aber nicht aufbauen und dann findet es nicht statt, das sind ja enorme Unkosten.

Frank Drechsler: Ja ja, das geht nicht. Jetzt noch was anderes, Frau Kreis: Ihre Tochter hat mir was aufgeschrieben von einer ‘Lustigen Seefahrt’, aber ich kann mich gar nicht daran erinnern, ob ich das schon mal selber gefahren bin. Gibt es das noch?

Frau Kreis: Das gibt’s nicht mehr. Meine Eltern haben das rüber verkauft nach, äh… nach Luxemburg. Und was dann daraus geworden ist, weiß ich nicht.

Frank Drechsler: War das sowas wie die Santa Maria oder sowas in der Art?

Frau Kreis: Nein! Haha, das ist schlecht zu erklären. Das war ein Schrägaufbau… Weiß nicht, kennen Sie ‘Raketenfahrt zum Mond’? Das ist derselbe Aufbau gewesen wie unser Geschäft, bloß haben wir Schiffe drauf gehabt und das andere waren Raketen.

Frank Drechsler: Okay. Na, das ‘Raketenfahrt zum Mond’ hab ich glaub schon mal auf Bildern gesehen.

Frau Kreis: Bei unserem war in der Mitte der Leuchtturm, ne? Und dann sind da außenrum Schiffchen gefahren. Wenn Sie mal kommen, können Sie ein Bild sehen. (lacht)

Frank Drechsler: Na, als letztes Jahr Ihre Tochter mir die Nummer gegeben hat, da hat sie dann geschrieben: melde dich halt mal, dann können wir mal bei meiner Mutter vorbeigehen. Und ich hab’s irgendwie nie geschafft, weil ich mache das ja mit der Zeitung auch nur nebenbei. Ich arbeite ja ganz normal. Und jetzt hab ich gedacht: na super, jetzt kommt dieser Scheiß-Virus, jetzt kann man’s ja nur noch telefonisch machen.

Frau Kreis: Ja, schauen Sie, meine Großeltern, die haben ja so ein Pferdekarussell gehabt, ein Etagenkarussell – unten und oben.

Frank Drechsler: M-hm! Schön!

Frau Kreis: Ne? Doppelkarussell hieß das.

Frank Drechsler: Doppelkarussell – ja. Das sieht man auch nur noch ganz selten.

Frau Kreis: Jetzt will ich Ihnen was Schönes sagen: Warum? Weil die Kinder da nicht mehr drauf wollen. Die Kinder wollen nicht mal…, die wollen auf ein Karussell, wo sich was rührt. (lacht)

Frank Drechsler: Ja, ja. Wobei, meine Nichte… gut, die ist jetzt auch schon zwölf, die fährt nicht mehr in den Oldtimern, aber die ist lange noch in den Oldtimern gefahren.

Frau Kreis: Naja, aber das glaub ich schon, mittlerweile ist sie dann aus dem Alter draußen, jetzt will sie in ein anderes Karussell.

Frank Drechsler: Ja, jetzt will die so Dinger fahren, wo ich nicht mehr mitfahren möchte. (lacht)

Frau Kreis: Das glaub ich Ihnen!

Frank Drechsler: Weil, da wird’s mir dann schlecht. Die Oldtimer gehen, da fährt man schön gemütlich vor sich hin…

Frau Kreis: Naja, freilich, ja. Aber da wollen sie in dem Alter nicht mehr rein, das ist mir verständlich. Ja, aber schauen Sie, das ist schade, das gibt’s ja auch… ein Kasperletheater, das gibt’s ja nicht mehr! Weil die Kinder ja nicht mehr rein sind. Wenn jemand ins Kasperle gegangen ist, dann sind die Großeltern mit ihren Enkeln rein, weil die Großeltern das von der Kindheit her in Erinnerung haben.

Frank Drechsler: Ja, das hat mir der Volker Heißmann von der Comödie in Fürth erzählt: dass, wenn seine große Schwester, wenn die sich mit ihrem Freund getroffen hat, so ein bisschen zum Rumknutschen, dann haben sie den kleinen Volker Heißmann ins Kasperletheater gesetzt derweil – und wenn die Vorstellung aus war, haben sie ihn wieder abgeholt. Dann hat die große Schwester ein bisschen ihre Ruhe gehabt. (beide lachen) Ja gut, Frau Kreis, ich halte Sie nicht länger auf…

Frau Kreis: Diese Geschäfte gibt’s halt leider nicht mehr…

Frank Drechsler: Das ist sehr schade, ja.

Frau Kreis: Das finden Sie vielleicht mal irgendwo, wo Nostalgie wieder aufgebaut wird… Aber, naja.

Frank Drechsler: Ja… Frau Kreis, ich danke Ihnen vielmals für des Gespräch, und wenn die Lage entspannter wird, dann kommen wir von der Zeitung vielleicht mal vorbei zum Foto anschauen?

Frau Kreis: Ein Bild vom Karussell von meinen Eltern ist auch im Bierausschank drinnen abgebildet und da stehen wir in Fürth an der Fürther Kärwa vor der Kirche…

Frank Drechsler: Vielleicht frag ich auch mal die Petra, ob sie’s mir abfotografiert, dann kann sie’s mir ja per Email schicken.

Frau Kreis: …im Hintergrund der Kirchturm von der katholischen Kirche und da stehen wir mit dem Karussell. Da, wo jetzt das Riesen.., das Kinder…, äh, der Kettenflieger steht.

Frank Drechsler: Das Volare, ja… okay:

Frau Kreis: Da waren wir gleich, also da… einundsechzig…

Frank Drechsler: Wahnsinn!

Frau Kreis: …glaub ich, waren wir da das letzte Mal gestanden.

(Beide lachen)

Frank Drechsler: Also wenn wir den Artikel zusammen haben, dann schick ich ihn der Petra mal zum Gegenlesen, die kann’s Ihnen dann ja zeigen. Weil, der schick ich dann eine Email oder so, ne? Dann können Sie nochmal draufschauen.

Frau Kreis: Ja, das wäre nett.

Frank Drechsler: Alles klar, dann danke ich Ihnen vielmals und bleiben Sie vor allem gesund! Bleiben Sie gesund und…

Frau Kreis: Ja, dass uns das Virus nicht doch noch erwischt! (lacht)

Frank Drechsler: Ja genau! Also, alles Gute, Frau Kreis! Vielen Dank!

Frau Kreis: Danke!

Frank Drechsler: Ade!

Frau Kreis: Wiederhören!

 ORIGINALTON FRÄNKISCH

 Frau Kreis: Greis?

Frank Drechsler: Hallo Frau Kreis, hier is der Frank Drechsler. Ich arbeite in Fädd bei der Kärwazeitung…

Frau Kreis: Momendamal – Momend!

Frank Drechsler: Ja.

Frau Kreis: So – um wos gehds?

Frank Drechsler: Ich bin der Frank Drechsler, ich arbeide ich Fürth bei der Kärwazeidung…. und Ihr Dochter Petra hadd mir vor längerer Zeit scho Ihr Telefonnummer gebm…

Frau Kreis: Häh…

Frank Drechsler: …und had gsachd, ich dürfde Sie anrufen und ein paar Fragen stellen und etz wollt ich wissn, ob Sie vier, fünf Minuten Zeit häddn, dass ich Ihnen a paar Fragen zur Kärwa stell – beziehungsweise zu Ihren Sachen wie Schützenhaus Hubertus und so und äh… und wie’s als Kind oder in der Jugend war. Häddns da a paar Minuten Zeit?

Frau Kreis: Ja, hobbi scho. Ich mach amal mein Fernseher aweng leiser, sonst verstehi nix.

Frank Drechsler: (lacht)

Frau Kreis: Etzerdla!

Frank Drechsler: Als Sie Kind waren, was gabs’n da, was Sie selber auf der Kärwa gern gmacht ham als Kind? Ham Sie da was in Erinnerung?

Frau Kreis: Ich muss Ihnen song: als Kind bis zur 4. Schulklass war ja Kriech…

Frank Drechsler: Ja… Okay, ja.

Frau Kreis: Und dann sinn meine Eldern…, weil meine Eldern ham ja ein Karussell g’habd – und des is aber zweidriddel verbrannt im Griech und dann sin meine Eldern des erschde oder zwei Jahr mit anner Budn rausgfohrn… mit Ringwerfen. Weil do nachm Griech haddmer nedamal schießn dürfen.

Frank Drechsler: Ja, des konnte wahrscheinlich keiner mehr hörn, die Geräusche.

Frau Kreis: Do hadds kanne Gwehre…, also die hatt mer abgehm müssen. Noja, und dann hadd mei Vadder sei Karussell widder aufbaud. In dä Zwischnzeid bin ich ja dann aus der Schul kumma und dann war ich bei die Eldern dabei im Gschäft. Und wos do so oogfalln is, des had mer als Madla genauso machn müssen als wei a Buu. Nä?

Frank Drechsler: Ja, ja… Ja. Ihr Dochter hat gsacht sie sind a Sechserdreißger Jahrgang. Dann warn’s gwasi so nachm Kriech so zehn, elf.

Frau Kreis: Naja, sooch I ja.

Frank Drechsler: Da war dann nimmer viel mit eignen Vergnügen, da hat mer mitarbeiten müssen gwasi.

Frau Kreis: Na do hadds dann g’hassn: so, du machst des und des. Do hadd mer helfen müssen, ja.

Ich muss aber dazu sang, die Schulzeit war mei Bruder und aa ich dahamm bei di Großeldern. Mir ham des Glück ghabt, dass unsre Großeldern da nimmer greist sind vom Alder her, weil die ham ja vorm Griech, also wo dann der Griech ausbrochn is, eigstellt und sind dann nimmer rausgfahrn nachm Griech. Die Großeldern, die ham dann uns ghabt und dann simmer in die Schul daham ganga; mir ham nicht auf der Reise in die Schul brauchd.

Frank Drechsler: Okay, ja… Bei ihren Anfängen dann so in den Vierzigerjahren, was gabsn da herausragende Sachen an Ständen, was’ jetzt heut gar nimmer gibt?

Frau Kreis: Also, des wüssti jetzt eigendlich goo ned wos etz do gehm hat…

Frank Drechsler: Also, ich hab gedacht, irgendwas Bsondres, wo Sie song des, des…

Frau Kreis: So glei nachm Griech…

Frank Drechsler: …war wahrscheinlich dann eher einfachere Anfänge, wo mer etz gar nicht… Gabs schon a Riesenrad nachm Krieg dann?

Frau Kreis: Ja – a Riesenrad – des worn ja die von Fädd, die Michel, jetzt Drliczek, die sinn ja aa Fädder, die waren genauso do wie etz… in Fädd worn vill Schausteller. Des sinn ja jetzd aa nu vill Schausteller!

Frank Drechsler: Ja, die Drliczeks sind ja auch immer noch in der Gegend, genau.

Frau Kreis: Naja, die Frau Drliczek, die Senior-Chefin, also mei Generation, die is ja eine geborene Michel, und die ham des Riesenrad ghabt. Nä, aldso, die hat halt g’heirat und wemmer heirat, hat mer an andern Nooma… (lacht)

Frank Drechsler: Da ham Sie recht, ja. (lacht)

Frau Kreis: Oder mä kann in Mädchennamen behalten, des is is nächste, des is (…) andersch…

Frank Drechsler: Naja, des is eher a bisschen modern, des macht man vielleicht heutzutage – da gibt’s dann Ehepaare, die unterschiedliche Nachnamen ham.

Frau Kreis: Ja, des is zum Teil auch gschäftsbedingt! Nä, schauer’s, mei Dochder, die Petra, hat ja auch unsern, also ihr’n Mädchennamen mit behaldn. Die heißt Kreis-Hoffmann.

Frank Drechsler: Ja, die heißt Kreis-Hoffmann, ne, die hat quasi Euern Namen und den vom Mann.

Frau Kreis: Genau, weil die ganzen Plätz, wo wir dahamm sind, wo sie scho als Mädchen mit dabei war, war sie ja unter Kreis bekannt.

Frank Drechsler: Dann ist es natürlich sinnvoll, wenn man den Namen behält.

Frau Kreis: Ja also…, des is halt aso.

Frank Drechsler: Ja, ja…

Frau Kreis: Is ja heid alles möglich.

Frank Drechsler: Ja, heut geht alles, ja. Dann ham sie gwasi nahtlos nach der Schule angfangen zu arbeiten?

Frau Kreis: Ich war im elderlichen Gschäfd dabei. Dä Vadder hat mich beschäftigt, ich wor genauso oogmeld wie a Arbeider…

Frank Drechsler: Und wann ham Sie ungefähr aufghört?

Frau Kreis: Ich hab aufghört, waddns amal… Ganz aufghört… hm, hm, hm…, fünfundsechzig war ich alt. Ja…

Frank Drechsler: Ja. Reicht ja dann auch irgendwann.

Frau Kreis: Naja – also wiegsacht – aufghört Anführungszeichen, weil mei Mann und ich ham dann bei der Dochter schon aweng mitgholfen. Wenn’s brennt hat, wenn’s ein braucht ham, war mer scho da.

Frank Drechsler: (lacht) Da hams dann auch gwusst, an wen mä sich wenden muss, wenn’s brennt, nä?

Frau Kreis: Naja, es is aso – in der Familie hilft mä halt zamm.

Frank Drechler: Ja… Warn Sie dann am Ammerndorfer oder eher Schützenhaus oder ham Sie alles gmacht?

Frau Kreis Tochter Petra Kreis-Hofmann meint zu diesen Absatz folgendes : Meine Familie ist seit 1966 mit dem „Schützenhaus Hubertus“ auf der Kärwa vertreten und außerdem gibt es heute den sogenannten „Ammerndorfer Stand“, wo unter anderem das Bier der gleichnamigen Brauerei ausgeschenkt wird. 

Frau Kreis: Na ich war überoll. Die letzten Jahre hab ich dann für die Belegschaft dahanm in der Wohnung kocht und hob’s Essn neigfahrn auf die Kärwa, weil ka Wohnwoong ja ned drinna war, ka Möglichkeit, beziehungsweise der Wohnwoong so weid weg, dass des ja unmöglich is, dass mä da im Wongwoong essn dud und machn dud. Na do hab ich hald bis… fümf Jahr is Essn dahamm kocht und neigfahrn und na habbi mi hiegstellt an der Friedrichstraß am Eck und hob gsachd “Essn is do”, na hams meine Essnskörb ghulld. (lacht)

Frank Drechsler: (lacht) Sehr schön, ja.

Frau Kreis: Naja, wos wollns na machen? Aber mittlerweile, wemmer… Ich konn nimmer, ich wer etz viererachzich, des schaff ich nimmer.

Frank Drechsler: Da hams recht. Aber gehns so privat scho numal an Sprung auf die Kärwa oder is Ihne auch zu anstrengend?

Frau Kreis: Ja, amol oder zwaamol mussi scho nei. Heier is nadürlich bescheidn, heier gibbds kanne.

Frank Drechsler: Ja, ja. Des is sehr schade! Also, wir machn jetzt unsre Kärwazeitung auch bloß ne kleine Notausgabe quasi, die wir dann in der Stadt verteilen – in die Lädn und in der Gastronomie und so, weil wer gsagt ham, vielleicht kammer die Leut trotzdem a bisschen Gschichdn mit an die Hand geben, damit’s net gar so traurig is…

Frau Kreis: Es is scho wirklich…, weil…, mä verstehts ja goo ned. Manchmal verstehi des ganze ned. Des is… Vorsichd is recht, alles is recht. Ober mir ham ja fasd kanne Fälle mehr.

Frank Drechsler: Ja, eben. Was halt für die Menschen so schwer zu verstehen is, dass des so unterschiedlich gehandhabt wird.

Frau Kreis: Ja, des kommd nu dazu.

Frank Drechsler: Manche Sachen dürfen gmachd werden und manche ned und dann denkd mer sich, wo is denn etz do der Unterschied? Ja, was solln des?

Frau Kreis: Ja, des is is nächsde. Und die einzelnen Bundesländer sind aa numol underschiedlich.

Frank Drechsler: Ja, des is scho a großes Wirrwarr. Ich hoff, dass sich des alles wieder a bisschen glättet und bessern wird.

Frau Kreis: Ja des muss besser wern, weil sunsd brichd die ganze Wirdschafd zamm. Uns betriffds ja ganz schlimm, weil mir ham ja wirglich seit Weihnachdn, seidm Heili’ng Oomd kanne Einnahmen mehr.

Frank Drechsler: Ja, war ja alles zu, ja… Alles abgesagt und ja ja…

Frau Kreis: Alles abgsachd, und die Fädder Kärwa is aa abgsachd und hoffentlich gibds nu an Weihnachtsmarkt, des wassmer ja aa ned.

Frank Drechsler: Ja, des wär noch a bisschen eine Rettung oder ein bisschen ein Lichtblick, wenn’s wenigstens Weihnachtsmärkte geben würde, nä?

Frau Kreis: Naja, aber des weiß man ja auch nicht. Des is ja auch alles noch offen. Schauers, ich versteh des vom Okdoberfest. Des is a ganz andre Dimension. Do kummer ja die Leid vum ganzn Ausl.., also vo überoll her, vo der ganzn Welt. Des is in Fädd ja ned der Fall.

Frank Drechsler: Nee – da is in München scho mit möööglichen Infektionen des Risiko viel größer wie bei uns.

Frau Kreis: Na, des sinn ja ganz andre Dimensiona wo do zammkumma. Und vor allen Dingen, die mussdn ja, die häddn ja etzerdla scho anfangen müssn für den Aufbau.

Frank Drechsler: Jaja, ja. Ja, des is ja viel größer.

Frau Kreis: Nää? Aber mä kann aber ned aufbaun und dann findets ned stadd, des sinn ja enorme Unkosdn.

Frank Drechsler: Jaja, des gehd ned. Etz noch was andres, Frau Kreis, Ihr Tochter hat mer was aufgschriebm von ner Lustign Seefahrt, aber ich kann mich gar ned dran erinnern, ob ich des schonmal selber gfahrn bin. Gibts des noch?

Frau Kreis: Des gibds nimmer. Meine Eldern ham des nüber verkaufd nach, äh… nach Luxmburch. Und wos dann do draus worn is, weiß ich nicht.

Frank Drechsler: War des sowas wie die Santa Maria oder sowas in der Art?

Frau Kreis: Nein! Haha, des is schlechd des zu ergläärn. Des wor a Schräächaufbau… Waß ned, kenner Sie Rakednfadd zum Mond? Des is derselbe Aufbau gwe’n wie unser Gschäfd, bloß ham mir Schiffe drauf ghabbd und des andre worn Rakedn.

Frank Drechsler: Okay. Na, des Raketenfahrt zum Mond habbi glaub scho mal Bilder gsehn.

Frau Kreis: Unsers wor in der Middn der Leuchddurm, nä? Und dann sinn do außenrum Schiffli gfahrn. Wenn’S amol kumma, kenners a Bild sehng. (lacht)

Frank Drechsler: Na wo letztes Jahr Ihr Tochter mir die Nummer gehm hat, da hats dann gschriebm, ja, meld dich halt amal, dann kömmer mal bei meiner Mutter vorbeigehn. Und ich hab’s irgendwie nie gschafft, weil ich mach das ja mit der Zeitung auch nur nebenbei. Ich arbeite ja ganz normal. Und jetzt habbi gedacht, na subber, jetzt kommt dieser Scheiß-Virus, ja, jetzt kammers ja nur noch telefonisch machen.

Frau Kreis: Ja, schauers, meine Großeldern, die ham ja so a Pferdekarussell ghabd, a Edaschenkarussell – undn und oom…

Frank Drechsler: M-hm! Schön!

Frau Kreis: Nä? Dobbelkarussell hadd des g’hassen.

Frank Drechsler: Doppelkarussell – ja. Des sieht mä auch nur noch ganz selten.

Frau Kreis: Etz willi Ihna was Scheens saang: Warum? Wall die Kinder do nimmer drauf wolln. Die Kinder wolln nedamal…, dei wolln aff a Karussell, dou wou si was rührd. (lacht)

Frank Drechsler: Ja, ja. Wobei, mei Nichte…, gut, die is jetz auch scho zwölf, die fährt nimmer in den Oldtimern, aber die is lang noch in den Oldtimern gfahrn.

Frau Kreis: Naja, aber des glaabi scho, middlerweile is’ dann aus dem Alder draußen, etz wills in a anders Karussell.

Frank Drechsler: Ja. Ja, jetzt will die so Dinger fahrn, wo ich nicht mehr mitfahrn möchte. (lacht)

Frau Kreis: Des glaab ich Ihnen!

Frank Drechsler: Weil, da wirds mir dann schlecht. Die Oldtimer gehn, da fährt mer schön gemütlich vor sich hin…

Frau Kreis: Naja, freilich, ja. Aber da wollns in dem Alder nämmer nei, des is mir verständlich. Ja, aber schauers, des is schad, des gibts ja auch… in a Kaschberletheater, des gibts ja nimmer. Weil die Kinder ja nimmer nei sinn. Wenn anne ins Kaschberle ganga sinn, dann sind die Großeldern mid ihre Enggeli nei, weil die Großeldern vo der Kindheit her des in Erinnerung ham.

Frank Drechsler: Ja, des hat mer der Volker Heißmann vo der Komödie in Fürth, der hat erzählt dass, wenn sei große Schwester, wenn die sich mit ihrm Freund droffen hat, so aweng zum Rumknutschen, dann hams den kleinen Volker Heißmann ins Kasperletheater gsetzt derweil – und wenn die Vorstellung aus war, hams nen wieder abgholt. Dann hat die große Schwester weng ihr Ruhe ghabt. (beide lachen)

Ja gut, Frau Kreis, ich halt Sie ned länger auf.

Frau Kreis: Is hald leider, diese Gschäfte gibts hald leider nimmer…

Frank Drechsler: Des is sehr schade, ja.

Frau Kreis: Des findens vielleicht amal irgendwo, wo Nosdalgie widder aufbaud wird… Aber, naja.

Frank Drechsler: Ja… Frau Kreis, ich dank Ihnen vielmals für des Gespräch und wenn die Lage entspannter wird, dann kommen wir von der Zeitung vielleicht mal vorbei zum Fodo anschaun?

Frau Kreis: A Bild vom Karussell vo meine Eldern is auch im Bierausschank drinna abgebildet und da stenna mer in Fädd an der Fädder Kärwa vor der Kirch…

Frank Drechsler: Vielleicht fragi auch mal die Petra, ob die mirs abfotografiert, dann kann sie’s mir ja per Email schicken.

Frau Kreis: …Im Hintergrund der Kirchdurm vo der kadholischn Kirch und do stenna mir midm Karussell. Do wou etzerlda is Riesen.., is Kinder…, äh, der Keddnfliecher steht.

Frank Drechsler: Des Volare, ja… okay.

Frau Kreis: Do worn mir gleich, also dou… Aanersechzich…

Frank Drechsler: Wahnsinn!

Frau Kreis: …glaabi worn mir do is ledzde Mol gstandn.

(Beide lachen)

Frank Drechsler: Also wenn mir den Artikel zamm ham, dann schick ich’n der Petra mal zum Gegenlesen, die kann’s Ihnen dann ja zeigen, weil der schicki dann ne Email oder so, nä? Dann können Sie nochmal draufschaun.

Frau Kreis: Ja, des wär nett. Jo.

Frank Drechsler: Alles klar, dann dank ich Ihnen vielmals und bleibens vor allem gesund. Nä, bleibens gesund und…

Frau Kreis: Ja, dass uns des Virus ned doch nu derwischd! (lacht)

Frank Drechsler: Ja genau! Also, alles Gude, Frau Kreis! Vielen Dank!

Frau Kreis: Dangge…

Frank Drechsler: Ade!

Frau Kreis: Widderhörn!

Wollt ihr noch mehr Geschichten lesen?!

Auf unserem Kärwazeitungsblog findet Ihr noch mehr Geschichten rund um die Fürther Kirchweih.

Der Stadtplan

Der Stadtplan

Der Stadtplan
von Theobald O. J. Fuchs
Warum ich den Stadtplan kaufte? Ganz einfach: weil man ihn mir anbot.

wenn i mol was singa soll

wenn i mol was singa soll

Und wenn i mol was singa soll und singa soll nix waaß … – Ein Streiflicht durch die Vielfalt der Kärwalieder
von Sebastian Gibtner
Jenseits des eigentlichen sakralen Hintergrundes der Kirchweih,