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Tucher Brauereiführung in Fürth, äh Nürnberg, häh doch Fürth?

(Werbung ohne Auftrag)

Bier verbindet

„Tucher-Gebräue sind eine einzige Plörre und haben nichts mit echt guten Bieren gemeinsam…“ schreibt G.E. wahrscheinlich aus Nürnberg, eine Rezension auf Google-Maps. G.E. aus Nürnberg würde wahrscheinlich auch kein „Grüner Bier“ trinken, weil es ja bekanntlich aus Fürth kommt.

Mit all diesen Vorurteilen oder nennen wir sie lokalpatriotisch geprägte Überlebensstrategien, bin auch ich – der Autor und eigentlich noch dazu Weintrinker – geprägt. Im Rahmen des Teambildung (klingt modern und meint, wir wollten inkl. Horizonterweiterung gemeinsam Bier trinken zur Vorbereitung auf die Kärwa), trafen wir uns zur Brauereiführung der Tucher. Am Ende der Führung war mein Weltbild zerstört. Ich erfuhr, dass

  • Bierquälerei wirklich schlimm ist.
  • der Biermarkt, bzw. Bierkonsum nicht vernunftgesteuert ist.
  • bei der Tucher die Nürnberger in Nürnberg und die Fürther in Fürth arbeiten
  • moderne Braukunst geschätzt werden muss auch aus ökologischer Sicht und nicht im Widerspruch steht zu traditioneller Braukunst.
  • aufkarbonisiertes Bier das Problem unserer Zeit ist.
  • sogar mir ein dunkles Bier schmeckt.
Christian fotografiert ein Grüner Bier beim Tucher

Onleinmargeddingmänädscher in Exstase
Foto: Frank Drechsler

Bierquälerei

Die Kunst des Bierbrauens, das habe ich gelernt, ist es anhand eines geheimen Rezeptes kontinuierlich ein Bier zu brauen, dass immer gleich schmeckt. Helmut (Biersommelier und wandelnder fränkischer Brauereiwikist), der die Führung geleitet hat, hat uns eindrücklich erklärt: Wenn wir unser Bier wie unsere Stadtwurst behandeln würden, dann würden wir auch zuhause anständiges Bier trinken können. Kaufst Du eine Stadtwurst beim Metzger, dann rennst Du im Sommer sofort heim oder legst die Stadtwurst liebevoll in eine Kühlbox. Beim Bier, dem es genauso gruselt vor dem UV-Licht und der Hitze, das kaufen wir zu Beginn unserer Einkaufstour, stellen den Kasten in den Kofferraum, am besten im Kombi oder SUV, damit möglichst lange die Sonne darauf knallt während wir vergnüglich damit zum Einkaufen fahren. Dieses Bier wird nie mehr so schmecken, wie es der Braumeister einmal für uns kredenzt hat. Das ist Bierquälerei, das hat kein Bier der Welt verdient. Deswegen achtet darauf, wo ihr euer Bier kauft. Stehen die Paletten in der prallen Sonne, achtet man auf die Kühlung, usw. Augen auf beim Bierkauf!

Leere Bierkästen am Tuchergelände

Bierkästenland
Foto: Frank: Drechsler

Der Biertrinker ist nicht vernunftgesteuert

Tucher weiß, dass sie auf dem fränkischen Biermarkt keine Chance haben, eben unter anderem wegen oben zitierter Rezension. Während der Berliner das Tucherbier schätzt, nennt es der Franke (siehe oben) „Plörre“, weil es in seinem Kopf negativ besetzt ist. Und so soll es auch möglichst bleiben, der Franke ist da traditionsbewußt. Nun kennt jeder, der schon mal versucht hat seine Marke blind aus ähnlichen Marken herauszuschmecken, dass dieser Versuch meist grandios scheitert. Wir alle kaufen Marken, weil sie uns ein Lebensgefühl vermitteln, wie der Marlboro-Mann, oder wir uns mit einer anderen Marke identifizieren, weil es modern und angesagt ist, wie z.B. Ingwertee, oder weil wir eben Franken sind und wir nur Biere von kleinen fränkischen Brauereien trinken. Das Bier von der Brauerei Schnappelhopf aus Niederhabersdorf muss gut schmecken, weil die Brauerei klein ist. Nun darf das Schnappelhopfener Helle natürlich auch schmecken, aber in einer Blindverkostung kann es auch vorkommen, dass dann doch plötzlich ein Bier aus einer der modernsten Brauerei in Europa besser schmeckt. Beim Auto schätzen wir die gleichbleibende Qualität und die modernen Herstellungsverfahren, beim Bier aber, „je oller desto doller“. Jeder soll das Bier trinken was ihm schmeckt. Seine Vorurteile mal zu hinterfragen kann aber die Lebensqualität verbessern.

Ist die Tucher nun in Nürnberg oder in Fürth?

Der Ort für die heutige Tucherbrauerei wurde weise gewählt. Durch die Brauerei verläuft die Stadtgrenze. So können die Nürnberger sagen, sie arbeiten in Nürnberg und die Fürther in Fürth. Ich habe während der gesamten Führung versucht auf der Fürther-Seite zu bleiben, klasse Service. Wenn man so die ganze Geschichte der Tucher, Patrizier, Humbser, Zirndorfer usw. einmal erzählt bekommt wird einem klar, dass so manche historisch gewachsenen Feindbilder eigentlich keine sind oder sogar umgekehrt. Diese Geschichten und warum die Adresse der Tucher-Brauerei in Fürth liegt, das soll euch Helmut selber erzählen. Es war total spannend!

Moderne Braukunst macht das Bier nicht schlechter

Wie bereits erwähnt gewährleistet die moderne Braukunst einmal, dass der Geschmack immer die gleiche Qualität hat und auch so aussehen soll, wie es der Braumeister wünscht. Ein „Helles“ muss klar sein und keine Trübstoffe enthalten. So mancher „Profi“ meint, wenn es schön trüb ist, dann ist es gut gebraut. Fragt da mal einen richtigen Profi, was der dazu meint. Durch die modernen Anlagen kann aber auch der CO2-Ausstoß merklich reduziert werden. Nicht trinken für den Regenwald, wie so manche „TV-Biere“ werben, nee, aktiver lokaler Umweltschutz ist auch mit hiesigen Bieren möglich.

Das Problem mit den Schankanlagen

Wer von euch achtet darauf, wie das Bier aus dem Zapfhahn kommt? Ich sage nur 0,9bar. Na ihr wisst was ich mein (ich habe es nicht so wirklich verstanden, aber ich fand es beeindruckend), da kommt aus dem Zapfhahn erst ganz viel Schaum oder es perlt noch Stunden nachdem es eingeschenkt wurde. Der Laie würde sich wieder freuen und meint „Hui, das Bier lebt!“. Ja Pustekuchen, das lebt gar nicht, das ist überkarbonisiert und schon schmeckt es nicht mehr so, wie es der Braumeister mal ursprünglich für unseren Gaumen gedacht hat.

Tucher urfränkisch Dunkel

So wie ich nie in das Club-Stadion gehen würde, außer zum Derby, hätte ich bis dato nie ein dunkles Bier trinken wollen. So war ich dann bei der Bierprobe, evtl. durch das eine oder andere „Grüner“ oder „Zirndorfer“ schon leicht beeinflussbar und leichtgläubig, so weit, dass ich das Tucher urfränkisch dunkel probiert habe. Ja, was soll ich sagen, es hat mir richtig geschmeckt.
Anders wie beim Fußball dachte ich beim Biertrinken eigentlich immer vorurteilsfrei, was ja so nicht ganz stimmte. Ich habe immer ein Grüner getrunken, weil es aus Fürth kommt und hätte niemals ein Tucher getrunken, weil es aus Nürnberg kommt. Wobei nach ca. 4 Halbe hätte ich auch diese Vorgabe verworfen. Nach der Führung mit Helmut werde ich nun viel bewußter trinken (ich gesteh der Satz klingt komisch und ich gehör nicht zu der Fraktion „Ich habe kein Problem mit Alkohol nur ohne“, dafür habe ich dann doch zu lange im Krankenhaus gearbeitet). Mit bewußter meine ich, ich werde beim Biertrinken, das Bier mehr als Genussmittel schätzen und mehr versuchen auf den Geschmack zu achten und nicht auf das Etikett.
Beim Fußball bin ich unverbesserlich.

In diesem Sinne und Danke Helmut
Christian

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